Libyen und Ägypten 1999/2000

Drei Monate Überwintern in Nordafrika
und bis fast in den Sudan


9. Einreise von Libyen nach Ägypten

Über hohe bürokratische Hürden ins "Motherland Of Civilizations".

Die libyschen Formalitäten sind (vergleichsweise!) schnell erledigt; etwas seltsam nur, daß man die letzten 5 km bis zur eigentlichen Grenze ohne libysche Nummernschilder (nach deren Rückgabe) zurücklegen muß.

Die folgende Beschreibung der Formalitäten auf ägyptischer Seite entsprechen voll und ganz der Wahrheit und stehen beispielhaft für die Bürokratie Ägyptens, aber in ähnlicher Form auch anderer arabischer Staaten.

In Begleitung eines ägyptischen Beamten fahren wir zur Gepäckkontrolle vor. Dort entdeckt man Borkos Bowiemesser, das wir dummerweise nicht gut genug versteckt haben. Borko verschwindet mit einem Beamten und dem Messer. Bei der nun noch intensiveren Kontrolle muß ich alles öffnen und erklären bis hin zu den Anti-Durchfalltabletten. Weiter geht's zum Verkehrsbüro, wo Fahrgestell- und Motornummer abgelesen und ein Zettel beschrieben wird, mit dem ich zurück zur Zollhalle zu "Mr. Saad" muß. Dieser ist jedoch gerade irgendwo unterwegs; drei andere Angestellte/Beamte helfen bei der Suche. Als Mr. Saad nach einer halben Stunde doch noch auftaucht (war wohl gerade beim Beten, Teetrinken oder Kacken), schickt er mich zum Carnet-des-Passages- (oft auch "Triptik" genannt) Onkel in dessen Büro. Dieser blättert geschäftig in meinen Unterlagen und geleitet mich schließlich zur Bank im Nebenraum, da ich 252 Ägyptische Pfund (£E) Gebühren (für Straßenbenutzung?) bezahlen muß. Ich wechsle gleich 500 DM in 930 £E (1 DM = 1,86 £E). Zum Bezahlen muß ich jedoch zu einem ganz anderen Schalter, wo es erstmal zu einer Verwechslung von 50 £E- mit 50 Piaster-Schein kommt. Da hier kaum jemand mehr als zwei Wörter Englisch ("no" und "problem", sprich "brrroblem") kann, dauert die Auflösung des Irrtums etwas länger. Das Wechselgeld und die Quittung wiederum gibt's am Nachbarschalter. Nun wieder zum Verkehrsbüro, wo sich herausstellt, daß ich ja erstmal zum Triptik-Onkel zurück muß, um mein Carnet des Passages zu holen. Dieser indes bemerkt, daß ja im Paß noch gar kein Einreisestempel ist! Auf dem insofern obligatorischen Weg zur Polizei treffe ich Borko wieder, der bereits endlose Diskussionen mit diversen mehr oder weniger kompetenten Polizei- und Zollbeamten hinter sich hat, um das Messer zurück zu bekommen. Bei der ganzen Herumlauferei sollte man übrigens aufpassen, daß man von entgegenströmenden Menschenmassen nicht an die ehemals weißen Wände gedrängt wird, da sich dort in Schulterhöhe breite, schwarze Dreckstreifen befinden. Die Gebäude sind etwa 3 Jahre alt und stammen nicht - wie angesichts des Zustandes anfangs vermutet – noch aus Britischer Kolonialzeit. Beim Marsch zwischen den Gebäuden hin und her empfiehlt sich festes Schuhwerk, da sich überall Schlaglöcher, bröckelige Bordsteine und Fliesen, Müll und Stolperschwellen befinden. Bei der Polizei gibt's zwar zahlreiche Schalter, doch der einzig geöffnete wird gerade geschlossen. Vermutlich ist Betzeit, Teatime oder der Beamte muß mal. Nur eine Stunde, die wir mit unter heftigen Verhandlungen stattfindendem Wechseln der restlichen libyschen Dinar in ägyptische Pfund verkürzen, später kreuzt er wieder auf und bequemt sich, die Pässe von etwa 30 Wartenden einzusammeln und zu stempeln. Nach eingehender Kontrolle und Gegenkontrolle seiner Kollegen dürfen wir uns mit den anderen 28 Einreise-Aspiranten raufen, um unsere Pässe wiederzubekommen, die glücklicherweise als einzige lila sind. Mit dem derart legalisierten Paß kehre ich zum Triptik-Onkel zurück, der mir fast umgehend verschiedene neue Zettel ausgibt, mit denen ich wieder ins Verkehrsbüro muß. Hier kann nun endlich meine Akte angelegt werden. Dazu müssen allerdings der Paß und ein Formular kopiert werden, was 9 £E kostet. Mit dieser Akte in den Händen versucht ein weiterer Angestellter mit mir, die andere Straßenseite zu erreichen. Leider ist eine hohe Mauer im Weg, deren einzige Durchgangstüre verschlossen ist. Niemand hat einen Schlüssel; auch die Rufe zum Versicherungsbüro auf der anderen Seite hinüber verhallen ungehört. Daher müssen wir einige 100 Meter außenherum durch die Zollhalle da hingehen. Der Metalldetektor, den ich dabei schon zum 3. oder 4. Mal passiere, piept wie jedesmal, was aber wie jedesmal niemanden stört. Im Versicherungsbüro ist erstaunlicherweise ein und derselbe Beamte für die Ausstellung der Papiere UND das Bezahlen UND das Erstellen der Quittung zuständig! Solchermaßen ausgestattet führt der Weg nun wieder zum Verkehrsbüro (außenrum durch die Zollhalle und den piependen Metalldetektor natürlich), wo ich für 33 £E zwei verbeulte, löchrige Nummernschilder bekomme, mit denen ich wieder zum Triptik-Onkel muß, der mir nach Prüfung derselben tatsächlich das fertig bearbeitete Carnet aushändigt! Im Verkehrsbüro heißt es, ich müsse noch 10 Minuten warten. Wer's glaubt! Währenddessen händigt mir jemand eine arabisch beschriftete Visitenkarte(?) aus. Nein! Wie sich herausstellt, ist das meine "Rochsa", eine Art Kombination aus Führer- und Fahrzeugschein. Damit bin ich fertig!!!!! Nach sechs Stunden... Aber wo ist Borko?? Um es kurz(!) zu machen: weitere sechs Stunden diskutieren und streiten wir mit verschiedensten inkompetenten Leuten, von denen die wenigsten über ausreichende Englischkenntnisse verfügen (außer "no problem" kennen auch einige "big problem"), laufen x-mal (x>>5) zwischen Polizei und Zoll hin und her, warten mal hier und mal da, konsultieren verschiedene Leute, die mittlerweile "best friend" sind und erhalten schließlich das Messer zurück!! Europäische Hartnäckigkeit besiegt arabische Bürokratie! Allah akbar!

 Geschafft: Wir sind in Ägypten
Geschafft: Wir sind in Ägypten

Nun bloß weg hier! Eine letzte Kontrolle der Papiere beim Verlassen der Grenzstation, dann ein paar Kilometer ostwärts zum übernachten abseits der Straße.

Später erfahren wir übrigens, daß die Bücher mit den Daten von allen Einreisenden handschriftlich(!!!) vervielfältigt und an alle wichtigen Kontrollposten, insbesondere an den Landesgrenzen, verschickt werden!

An den Gestaden des Mittelmeers bis zur Metropole am Nil

Nein, wir hatten gestern keinen Alptraum, wir sind tatsächlich in Ägypten!

Ägypten wirkt "zivilisierter" als Libyen; weniger Reifenleichen entlang der Straße, Schilder sind zusätzlich englisch beschriftet, Gebäude sind etwas(!) gepflegter, die Menschen scheinen geschäftiger, das Warenangebot ist deutlich größer.

Motorprobleme? Ein Zylinder läuft nicht mit, weil beim Einlaßventil kein Spiel vorhanden ist. Seltsam, läßt sich aber leicht beheben.

Kurz vor El Alamein – hier fand bekanntlich beim Afrika-Feldzug die Entscheidungsschlacht der Alliierten gegen Deutschland und Italien statt - besichtigen wir ein italienisches Kriegsdenkmal. Ein imposantes Gebäude auf einer Anhöhe mit Vorplatz aus weißem Marmor und Zugang über eine Allee.

In El Alamein selbst liegt ein Militärmuseum, wo allerlei Kriegsgerät ausgestellt ist und der Afrika-Feldzug in allen Facetten präsentiert wird.

Auf dem weiteren Weg nach Kairo macht wieder das besagte Einlaßventil Ärger. Zudem fängt das Getriebe nach längerer Fahrt an zu vibrieren und zu klopfen. Vermutlich wirkt sich die Sperrwirkung des Differentials negativ auf Lager und Gelenke aus.