Libyen und Ägypten 1999/2000

Drei Monate Überwintern in Nordafrika
und bis fast in den Sudan


17. Dem Heimweh folgend zurück nach Europa

Mittlerweile ist klar, daß es keine Fähre von Ägypten nach Europa gibt, wir müssen also nach Israel, genauer nach Haifa. Von dort nach Piräus in Griechenland, auf dem Landweg weiter nach Patras und hier auf einer zweite Fähre nach Venedig.

Die Fähre von Haifa geht am Montag Abend, heute ist Freitag. Wir müssen also ein wenig Gas geben. Das Vorwärtskommen wird etwas gestört durch die immer wieder auftretenden Klopfgeräusche im Getriebe und den herausspringenden 4. Gang.

 Morgens am Suezkanal
Morgens am Suezkanal

Bei Sonnenuntergang sind wir am Suezkanal. Wir beobachten einige Schiffe, die ja quasi mitten durch die Wüste fahren.

Durch den Ahmed Hamdi Tunnel unterm Kanal hindurch gelangen wir nach Asien. Ein paar Kilometer weiter übernachten wir zwischen Dünen zum letzten Mal in der Wildnis. Hier dürfen wir am nächsten Morgen ein letztes Mal gegen das Steckenbleiben im Sand kämpfen.

Durch hügelige Landschaft geht's gen Osten und kurz vor Taba durch spektakuläres Gebirge in einem canyonartigen Wadi steil abwärts ans Meer hinab.

Schnell ist die Grenze erreicht. Das Abgeben der Nummernschilder, Beschriften des Carnet de Passages und die Paßkontrolle geschehen geradezu blitzartig in nur einer Stunde! Ein letztes Ärgernis ist, daß wir die Kaution für die Nummernschilder nicht zurückbekommen und 4 £E Ausreisesteuer(!) bezahlen müssen.

Dann weiter zum israelischen Schlagbaum Mit einem deutschen Ex-Militärfahrzeug, arabischer Beschriftung am Heck und zwei Libyen-Visa im Paß. Ob man uns überhaupt reinläßt?

Hotelanlage in Elat am Roten Meer
Hotelanlage in Elat am Roten Meer

Zunächst grobe Untersuchung des Autos mit Spiegel. Dann weiter zur strengen Gepäckkontrolle, für die wir die Kiste komplett ausräumen und das Gepäck auf Rollwagen zum Durchleuchten bringen müssen. Der vordere Kofferraum wird komischerweise nur sichtgeprüft, die Ersatzteile unter der Kiste finden sie gar nicht. Aber alles läuft sehr korrekt, gut organisiert ab. Alle sind freundlich und sprechen perfekt englisch. Nach abschließender Paß- und Fahrzeugpapierkontrolle sind wir nach nur zwei Stunden drin!

Ägypten-Fans mögen mir verzeihen, aber: wir haben das Gefühl, nun wieder in der Zivilisation zurück zu sein. Alles ist vergleichsweise sauber und ordentlich, gut organisiert, kaum jemand hupt im Straßenverkehr, keine Bakschisch-Jäger nerven, man sieht wieder viel mehr und leichter bekleidete Frauen auf der Straße...

Nach Übernachtung am Strand geht's an der Jordanischen Grenze entlang durch die Wüste Negev und schließlich durch ein Gebirge zur Küstenebene, wo es frühlingshaft grün wird. Weiter bei teils dichtem Verkehr an Tel Aviv vorbei nach Haifa, das wir nachmittags erreichen. Oft werden wir angehupt und man zeigt uns mit Daumen-nach-oben die Begeisterung für unser komisches Reisemobil. Die arabischen Schriftzeichen stören offensichtlich niemanden.

Wir erwerben in einem Reisebüro am Hafen das Ticket für die Fähre, die morgen abend um 20 Uhr abfährt.

Den letzten Tag in Israel nutzen wir zunächst für eine Besichtigung des Mount Carmel, an dem sich ein sehr hübsch angelegter Park befindet. Hier kommen wir mit einem Wärter ins Gespräch, mit dem wir Erfahrungen und Erlebnisse austauschen. Daß die Libyer sehr hilfsbereite, freundliche Leute sind, erscheint ihm völlig unglaublich. Für ihn ist Libyen die Wiege des Terrorismus.

Nachmittags besuchen wir das Marinemuseum, gegen 16 Uhr begeben wir uns zum Fährenterminal. Nach Beschaffung der Bordkarte müssen wir uns einer gründlichen Sicherheitsbefragung unterziehen. Eigentlich noch detaillierter als in Abu Ramad, aber dafür nur einmal. Wo gewesen? Wie lange? Welche Hotels? Welcher Reiseführer? Beruf? Offenbar will man eine durch und durch schlüssige Geschichte hören, um potentielle Attentäter zu enttarnen.

Die Zeit bis zum "Boarding" vertreiben wir mit Gesprächen mit Susanne "Pipo" und Davit, einem schweizer Pärchen, das ein halbes Jahr mit Motorrädern im nahen Osten und Ägypten unterwegs war. In den nächsten Tagen haben wir noch viel Gelegenheit zum umfangreichen Erlebnisaustausch.

Weitere Europäer sind mit auf dem Schiff, die oft auch interessante Begebenheiten zu erzählen haben. Die "Salamis Star" ist ein einigermaßen heruntergekommenes Schiff unter zypriotischer Flagge. Die Auto-Decks erinnern eher an die Nostromo als an eine Fähre...

Am Faschingsdienstag machen wir für einige Stunden Zwischenstop in Limassol/Zypern, so daß Zeit für einen kleinen Landgang ist. Spätnachmittags geht's weiter in Richtung Piräus.

Zügig begeben wir uns auf den Weg nach Westen. Dabei kommt, was kommen mußte: es fängt an zu regnen. Das erste Mal in nennenswerter Ergiebigkeit seit drei Monaten! Wir haben's gut: Dach zu, Heizung und Wischer (funktioniert noch!) an. Davit und Pipo müssen ihre Regenklamotten anziehen.

Kurzer Zwischenstop am Kanal von Korinth. Beeindruckendes Bauwerk!

In der Nähe ein Supermarkt. Wir können uns kaum sattsehen und -kaufen ob des überwältigenden Angebots! Selten so volle und schwere Einkaufskörbe getragen.

In Patras auf dem Hafengelände unter einem Vordach bereiten wir wie Penner unser Abendessen zu. Es schüttet aus Eimern. Um 20 Uhr können wir auf die Fähre, die bald ablegt.

Ein weiterer Zwischenstop in Igoumenitsa am nächsten Morgen, weitere 24 Std. später landen wir ohne weitere besondere Vorkommnisse im ebenfalls verregneten Venedig an.

  Im Spätwinter zurück durch die Alpen
Im Spätwinter zurück durch die Alpen

Nach herzlicher Verabschiedung von Pipo und Davit weiter gen Norden. Das Fahren auf nasser Straße und später auf Schnee(!) ist äußerst gewöhnungsbedürftig.

Am Spätnachmittag des 3. März, dem 93. Tag der Reise, erreichen wir nach 9000 gefahrenen Kilometern ungeachtet des Wetters frohen Herzens die Heimat!

Die nächste Sahara-Reise wird trotz aller Widrigkeiten nicht lange auf sich warten lassen. Die Sucht läßt keinen mehr los, der mal dort war. Nochmal nach Libyen? Immer! Aber Ägypten? Eher nicht! Algerien wäre mal ein interessantes Ziel...