Libyen und Ägypten 1999/2000

Drei Monate Überwintern in Nordafrika
und bis fast in den Sudan


15. Nordwärts entlang der Küste und durch die Arabische Bergwüste

Es geht durch langweilige Steppenlandschaft, später an der von Korallenriffs gesäumten Küste entlang, durch trostlose Orte und schließlich an im Bau befindlichen Feriensiedlungen vorbei.

Marsa Alam erreichen wir im Dunkeln. Polizeikontrolle. Die Querverbindung nach Idfu am Nil sei für Touristen gesperrt! Speziell Mike reißt beim Kontakt mit der Ägyptischen Obrigkeit nun immer schneller der Geduldsfaden, was unter anderem an der vermehrten Verwendung einiger sogenannter "four letter words" erkennbar ist. Er fährt mit einem Polizisten los, um "unseren" Polizeichef in Abu Ramad telefonisch zu konsultieren. Nach zwei Stunden kehrt er zurück. Er konnte mit seiner überzeugenden Art eine Genehmigung erwirken, in Richtung Idfu zu fahren. Unser Buch "Ägypten - die Wahrheit" könnte ein ziemlich dicker Wälzer werden...

Morgens umfahren wir vorsorglich die von der Polizei kontrollierte Kreuzung. Nicht daß nach dem Schichtwechsel das Drama von vorne anfängt! Am Kontrollposten am Standrand genügt die mündliche Behauptung, eine "special permission" zu haben.

Nach etwa 60 km trennen sich die Wege von Borko und mir und den anderen. Abenteuerliche Erlebnisse in den wenigen, gemeinsam verbrachten Tagen verbinden uns. Wir beide werden nun durch die Berge spazierenfahrend Hurghada anstreben, wo wir in knapp zwei Wochen unsere Freunde Patrick und Markus treffen wollen, während die anderen 4+1 hurtig in Richtung Sudan eilen, das heißt die Fähre über den Stausee nehmen müssen, bevor die Visa ablaufen.

Durch die "Arabische Wüste"
Durch die "Arabische Wüste"

Zwischen den rötlichen, stark verwitterten Bergen sind immer mehr oder weniger breite Täler, in denen man - meist auf kleinen Pisten - einigermaßen gut vorankommt. In der Karte sind zahlreiche Brunnen verzeichnet, deren Position wir ins GPS-Gerät übertragen und dann ansteuern. Was manchmal nicht gelingt wegen Fehlern in der Karte oder labyrinthartig verzweigter Täler. Dennoch können wir hier und da die Wasservorräte ergänzen und unterwegs sogar Holzreste für Lagerfeuer einsammeln.

Mehrere Gazellen bekommen wir in den nächsten Tagen zu Gesicht, die allerdings kaum auf Zelluloid gebannt werden können.

Zwei platte Reifen sind zu beklagen, die dank Ausrüstung und Übung aber schnell wieder prall gefüllt sind.

Um nicht wieder auf Militär zu stoßen, halten wir an Talbiegungen oft an, und schauen mit dem Fernglas voraus. Einmal umfahren wir einige auffällige Gebäude mit Antenne nebendran weiträumig. Ein anderes Mal halten wir uns vorsorglich von einer Gruppe Geländewagen (Polizei?) fern.

Im Hinterland von Hurghada erreichen die Berge Höhen von deutlich über 2000 m, einmal überqueren wir einen unauffälligen Paß von 900 m Höhe. Hier treffen wir auf Schafhirten, denen wir mit Zucker und Wasser aushelfen können. Ein Stoßdämpfer ist mal wieder abgebrochen, so daß wir heute zwecks Reparatur nach Hurghada fahren, wo wir dann auch einkaufen können.

Auch in Hurghada herrscht (natürlich) Massentourismus total. Eine Altstadt oder andere historische Stätten gibt's nicht, alles ist auf den europäischen Urlauber ausgerichtet. Souvenirshops, Restaurants, Schmuckläden und Tauchschulen reihen sich aneinander. Der Versuch eines Ladenbesitzers, uns beim Tomatenkauf zu bescheißen, scheitert (natürlich). Immerhin finden wir eine Werkstatt, wo einer den Stoßdämpfer für 5 £E wieder zusammenschweißt.

Mit gefüllten Benzintanks fliehen wir dann wieder in die Einsamkeit der Berge.

Festungsrest
Festungsrest
 Auf dem Gipfel
Auf dem Gipfel
  Sonnenuntergang in den Porphyrbergen
Sonnenuntergang in den Porphyrbergen

Dort entdecken wir eine römische(?) Festungsruine, die wir in den nächsten Nächten ein paar Mal zum Lagern benutzen.

Zwischendurch gehen wir einen Tag bergsteigen. Nicht ganz unproblematisch in dem äußerst bröseligen Gestein ohne jeden Weg. Irgendwie schaffen wir's aber doch auf einen kleinen Gipfel mit traumhafter Aussicht auf die Küstenlandschaft. Für den Abstieg wählen wir eine steil abwärts führende Rinne –- Canyoning ohne Wasser quasi. Einige bis zu 10 m hohe Stufen müssen überwunden werden. Eine heikle Kletterei, ohne Seil und fernab jeder Rettungsmöglichkeit durch die Bergwacht! Gerade noch rechtzeitig zum Sonnenuntergang sind wir wieder am Auto.

Canyoning mal anders
Canyoning mal anders

Morgens bekommen wir Gesellschaft von dem Hirten (und Touristenführer) Islaman, den wir zu Kaffee und Brot einladen. Wir hören von einem Berg, aus dem Wasser tropfen soll, das die Landschaft begrünt. Nur eine Sage?

Wir steuern heute auf unfreiwilligen Umwegen Mons Porphyrites an, wo die Römer bis vor etwa 1500 Jahren Rosendiorit abgebaut und bis in ihre Hauptstadt transportiert haben. Von diesem rosa bis violetten granitähnlichen Gestein haben die Berge dieser Gegend auch ihre Farbe.

Die letzten Kilometer zum fast auf dem Gipfel befindlichen Steinbruch können nur zu Fuß über grobes Geröll zurückgelegt werden. Massenhaft liegen hier lila Steinbrocken herum, von denen ich einen als Andenken mitnehme.

Abends überrascht uns der Wettergott mit ein paar Regentropfen - zum dritten Mal in den letzten 2 zweieinhalb Monaten.

 Oase in kahler Felswüste
Oase in kahler Felswüste

Auf der Suche nach einem weiteren Brunnen durchqueren wir eine Schlucht, die sich schließlich in einen Talkessel öffnet. Hier wachsen mitten in der kargen Gebirgswüste Gräser und Palmen! Das muß die Wasserstelle sein, von der unser morgendlicher Kaffeegast vorgestern gesprochen hat.

Letzteren treffen wir abends wieder, als wir zum Festungsnachtplatz zurückkehren. Eine Gruppe Franzosen führt er zusammen mit zwei anderen Einheimischen durch die Wüste. Als sie später zum Teetrinken kommen, bewundern wir ihre Fähigkeit, in fast totaler Dunkelheit im Laufschritt ohne Fehltritte über das grobe Geröll zu eilen. Echte Beduinen halt!

Unsere Illusion wird zerstört, als wir Islaman beim nächsten Mal mit einer ultramodernen, superflachen Polaroid-Taschenlampe sehen... Nun ja, auch die Turnschuhe und die Casio-Armbanduhr passen nicht so recht ins Bild des urigen Ziegenhirten. Wo er wohl sein tiefergelegtes BMW-Cabrio geparkt hat, mit dem er am Wochenende Hurghada unsicher macht?

Nächstentags bummeln wir allmählich wieder in Richtung Hurghada, besichtigen am Weg einen kleineren Römer-Steinbruch, treffen nochmal die Franzosen.

Morgens mal wieder Beduinen-Besuch, den wir zu Kaffee und selbstgemachtem Brot einladen. Dafür "müssen" wir von seinem Tee kosten und ich darf auf einem seiner Kamele Platz nehmen.